Mountainbike-Tour
Da l'òvi dal Piegn
Als erstes fahren wir auf der Kantonsstrasse von Linescio bis nach Collinasca, wo wir in die alte, stark verwitterte Talstrasse nach Cerentino einlenken. Bis Piano di Campo sind wir auf der Hauptstrasse des Valle di Campo. Hier begeben wir uns auf den Wanderweg, der uns über die Siedlung S'cèda bis zum Bach Rovana führt. Über eine Hängebrücke gelangen wir auf die andere Seite des Baches. Über Stock und Stein, in ständig wechselndem Auf und Ab, versuchen wir uns auf dem Bike zu halten, was leider nicht allzu oft gelingt. Auch wenn's nicht ganz einfach ist: Es lohnt sich, der eigentümlichen landschaftlichen Szenerie einen längeren Blick zuzuwerfen. Auch nach nochmaligen Überqueren der Rovana, diesmal über eine Steinbrücke, bestimmen immer noch einige Hindernisse die Kontinuität des Fahrbaren. Dies ändert sich schlagartig mit der Einmündung auf die Kantonsstrasse. Auf dieser lassen wir uns nach Linescio rollen.
Ovi bedeutet in der Mundart den Südhang eines Tales, der den ganzen Herbst und Winter der Sonne abgewendet ist und vom eiskalten Nordwind bedrängt wird. Wegen dieser ungünstigen Lage wurden diese Täler oft sich selbst überlassen: Heute sind manche zu eigentlichen Freilichtmuseen geworden, voller Zeugen der Geschichte, aber auch trauriger Ruinen, zwischen denen die Uhrzeiger der Jahreszeiten unerbittlich stehen geblieben sind.
23. September
Linescio, das erste Dorf im Val Rovana, empfängt uns mit seinen beeindruckenden Terrassierungen, die vor mehr als zwei Jahrhunderten angelegt wurden, um der steilen Bergflanke mehr anbaufähiges Land zu entreissen. Wir folgen vorerst der Hauptstrasse, die an der schönen Kirche vorbeiführt, um dann in das Tal einzudringen. Nach einem ersten Ruck stehen wir an einer Gabelung: links die neue Strasse, die gebaut wurde, um einen Erdsturz zu umgehen und unten dem Fluss entlang führt, während die alte Strasse weiterhin nach rechts ansteigt. Wir wählen die letztere, die für den Verkehr gesperrt ist, mit der Absicht, dem Hin und Her der Autos zu entgehen.
In der Tat befinden wir uns nach wenigen Metern in einem wattierten Umfeld. Der Asphalt ist mit Ästen und trockenen Blättern bedeckt; ein paar Hühner laufen frei auf der Gegenfahrbahn herum. Als wir uns nähern, stürzen sie sich leichtsinnig in die Schlucht und versuchen, den Fall mit ihren klobigen Flügeln zu verlangsamen. Unter uns sind die wenigen Häuser von Collinasca von den Bäumen erstickt; es scheint, als ob sie über Nacht vom Vorrücken des Waldes überrascht worden seien.
Nachdem wir eine Strassensperre überwunden haben, können wir die ausserordentliche Kraft der Natur bewundern, die rasch zurückeroberte, was ihr der Mensch gestohlen hatte. Von der alten Strasse blieben tatsächlich nur das verrostete Geländer und einige Teerstreifen übrig, denn Gras und Gebüsch haben einen grossen Teil der Fahrbahn verschluckt. Wir setzen jedoch den ungewöhnlichen Aufstieg vergnügt fort, denn die Räder drehen sich beinahe ohne Reibung auf dem festen Boden.
Am Eingang von Cerentino stossen wir nochmals auf die Kantonsstrasse und folgen ihr bis zum Eingang des Valle di Campo. Hier wird die Strecke ebener, verläuft auf halber Höhe der sonnigen Bergflanke und schlängelt sich durch den Wald. Zwischen den Bäumen öffnen sich einige Ausblicke, so dass wir etwa hundert Meter weiter unten den Wildbach auf dem Talgrund bewundern können. Er wird von einem Weg gesäumt, den wir auf der Rückfahrt benutzen wollen, doch von dort oben ist es unmöglich, ihn in Augenschein zu nehmen.
Dann steigt die Strasse wieder an, doch nach ein paar Spitzkehren verlassen wir sie, um dem Schotter zu folgen, der sich durch die Wiesen von Piano di Campo hinzieht. Nach einigen hundert Metern beginnt endlich die Talfahrt: Ein schöner Weg dringt in den Wald ein, stattet der schmucken Siedlung S'ceda einen Besuch ab und mündet in eine Asphaltstrasse, der wir bis zum Ufer des Wildbachs folgen. Die Blätter in warmen Herbstfarben bringen ein wenig Licht in den tiefen Taleinschnitt, den die Sonne nicht mehr zu erreichen vermag. Wir biegen nach links ab und erreichen bald eine kleine Hängebrücke: Hier gilt es von der modernen Zivilisation Abschied zu nehmen, um in Gedanken eine lange Zeitreise zu unternehmen.
Am andern Ufer zwingt uns der Weg, aus dem Sattel zu steigen und einige Wegstücke zu Fuss zu bewältigen. Wir befinden uns an einem surrealen Ort, der mit seinen hohen Tannen und den moosbedeckten grossen Felsblöcken für das Bühnenbild einer Erzählung von Feen und Kobolden geeignet scheint. Wieder im Sattel, gelangen wir auf eine weite grasige Lichtung. Rechts vom Weg ruhen einige unbewohnte Hütten in Erwartung des Winters. Rund um die Wiesen streckt ein bronzefarbener Kranz von Birken ihre dünnen weissen Stämme gegen den Himmel. Wo die Zwischenräume breiter werden, lächeln andere Weiden und andere Waldlichtungen den zahllosen Bergen zu, die sie umgeben.
Dann dringen wir wieder in den Wald ein. Die Geländestruktur bietet stets Überraschungen; Die Steigung und das Gefälle wechseln unaufhörlich; die Befahrbarkeit ist nicht immer gegeben, wohl aber das Vergnügen. Weiter vorne stossen wir auf andere Siedlungen, deren Namen nicht einmal auf der Landkarte angegeben sind.
Niemand hat ein Buch geschrieben über die Menschen, die dem Wald mit enormer Mühe diese Wiesen entrissen und mit den Steinen, die von den Bergen heruntergepoltert sind, ihre Hütten gebaut haben. Ihre Geschichte ist immerhin von den alten Trockenmauern und den knotigen Balken, die schwere Steindächer tragen, ablesbar.
Nachdem wir die grossen, verwilderten Weiden von ovi di Niva hinter uns haben, überqueren wir die Rovana auf einer schönen Steinbrücke, die unsere Rückkehr in die moderne Welt besiegelt. Wir werden von einer breiten Schotterstrasse empfangen, folgen aber den Wegweisern nach Cevio auf einem andern Weg, der am Fluss entlang führt. Auch diese Strecke weist einige Hindernisse auf, die zu Fuss zu überwinden sind, ist aber im Allgemeinen gut befahrbar. Nach kurzer Zeit können wir unsere Räder wieder auf die Asphaltstrasse setzen und werden vom Verkehrslärm umzingelt.
Als wir in Linescio ankommen, wenden wir uns nochmals dem Valle di Campo zu. Einige Augenblicke verstummt alles, ausgenommen der Wind, der uns süsssaure Böen der Stille ins Gesicht bläst.
Alfio Cerini, Tessin auf zwei Rädern, Dadò Editore, Locarno, 2008
Ascona-Locarno Tourist Office
Infodesk Vallemaggia
Centro Commerciale
CH - 6673 Maggia
Tel.: +41 (0)91 753 18 85
Fax: +41 (0)91 753 22 12
vallemaggia@ascona-locarno.com
www.ascona-locarno.com
Ovi bedeutet in der Mundart den Südhang eines Tales, der den ganzen Herbst und Winter der Sonne abgewendet ist und vom eiskalten Nordwind bedrängt wird. Wegen dieser ungünstigen Lage wurden diese Täler oft sich selbst überlassen: Heute sind manche zu eigentlichen Freilichtmuseen geworden, voller Zeugen der Geschichte, aber auch trauriger Ruinen, zwischen denen die Uhrzeiger der Jahreszeiten unerbittlich stehen geblieben sind.
23. September
Linescio, das erste Dorf im Val Rovana, empfängt uns mit seinen beeindruckenden Terrassierungen, die vor mehr als zwei Jahrhunderten angelegt wurden, um der steilen Bergflanke mehr anbaufähiges Land zu entreissen. Wir folgen vorerst der Hauptstrasse, die an der schönen Kirche vorbeiführt, um dann in das Tal einzudringen. Nach einem ersten Ruck stehen wir an einer Gabelung: links die neue Strasse, die gebaut wurde, um einen Erdsturz zu umgehen und unten dem Fluss entlang führt, während die alte Strasse weiterhin nach rechts ansteigt. Wir wählen die letztere, die für den Verkehr gesperrt ist, mit der Absicht, dem Hin und Her der Autos zu entgehen.
In der Tat befinden wir uns nach wenigen Metern in einem wattierten Umfeld. Der Asphalt ist mit Ästen und trockenen Blättern bedeckt; ein paar Hühner laufen frei auf der Gegenfahrbahn herum. Als wir uns nähern, stürzen sie sich leichtsinnig in die Schlucht und versuchen, den Fall mit ihren klobigen Flügeln zu verlangsamen. Unter uns sind die wenigen Häuser von Collinasca von den Bäumen erstickt; es scheint, als ob sie über Nacht vom Vorrücken des Waldes überrascht worden seien.
Nachdem wir eine Strassensperre überwunden haben, können wir die ausserordentliche Kraft der Natur bewundern, die rasch zurückeroberte, was ihr der Mensch gestohlen hatte. Von der alten Strasse blieben tatsächlich nur das verrostete Geländer und einige Teerstreifen übrig, denn Gras und Gebüsch haben einen grossen Teil der Fahrbahn verschluckt. Wir setzen jedoch den ungewöhnlichen Aufstieg vergnügt fort, denn die Räder drehen sich beinahe ohne Reibung auf dem festen Boden.
Am Eingang von Cerentino stossen wir nochmals auf die Kantonsstrasse und folgen ihr bis zum Eingang des Valle di Campo. Hier wird die Strecke ebener, verläuft auf halber Höhe der sonnigen Bergflanke und schlängelt sich durch den Wald. Zwischen den Bäumen öffnen sich einige Ausblicke, so dass wir etwa hundert Meter weiter unten den Wildbach auf dem Talgrund bewundern können. Er wird von einem Weg gesäumt, den wir auf der Rückfahrt benutzen wollen, doch von dort oben ist es unmöglich, ihn in Augenschein zu nehmen.
Dann steigt die Strasse wieder an, doch nach ein paar Spitzkehren verlassen wir sie, um dem Schotter zu folgen, der sich durch die Wiesen von Piano di Campo hinzieht. Nach einigen hundert Metern beginnt endlich die Talfahrt: Ein schöner Weg dringt in den Wald ein, stattet der schmucken Siedlung S'ceda einen Besuch ab und mündet in eine Asphaltstrasse, der wir bis zum Ufer des Wildbachs folgen. Die Blätter in warmen Herbstfarben bringen ein wenig Licht in den tiefen Taleinschnitt, den die Sonne nicht mehr zu erreichen vermag. Wir biegen nach links ab und erreichen bald eine kleine Hängebrücke: Hier gilt es von der modernen Zivilisation Abschied zu nehmen, um in Gedanken eine lange Zeitreise zu unternehmen.
Am andern Ufer zwingt uns der Weg, aus dem Sattel zu steigen und einige Wegstücke zu Fuss zu bewältigen. Wir befinden uns an einem surrealen Ort, der mit seinen hohen Tannen und den moosbedeckten grossen Felsblöcken für das Bühnenbild einer Erzählung von Feen und Kobolden geeignet scheint. Wieder im Sattel, gelangen wir auf eine weite grasige Lichtung. Rechts vom Weg ruhen einige unbewohnte Hütten in Erwartung des Winters. Rund um die Wiesen streckt ein bronzefarbener Kranz von Birken ihre dünnen weissen Stämme gegen den Himmel. Wo die Zwischenräume breiter werden, lächeln andere Weiden und andere Waldlichtungen den zahllosen Bergen zu, die sie umgeben.
Dann dringen wir wieder in den Wald ein. Die Geländestruktur bietet stets Überraschungen; Die Steigung und das Gefälle wechseln unaufhörlich; die Befahrbarkeit ist nicht immer gegeben, wohl aber das Vergnügen. Weiter vorne stossen wir auf andere Siedlungen, deren Namen nicht einmal auf der Landkarte angegeben sind.
Niemand hat ein Buch geschrieben über die Menschen, die dem Wald mit enormer Mühe diese Wiesen entrissen und mit den Steinen, die von den Bergen heruntergepoltert sind, ihre Hütten gebaut haben. Ihre Geschichte ist immerhin von den alten Trockenmauern und den knotigen Balken, die schwere Steindächer tragen, ablesbar.
Nachdem wir die grossen, verwilderten Weiden von ovi di Niva hinter uns haben, überqueren wir die Rovana auf einer schönen Steinbrücke, die unsere Rückkehr in die moderne Welt besiegelt. Wir werden von einer breiten Schotterstrasse empfangen, folgen aber den Wegweisern nach Cevio auf einem andern Weg, der am Fluss entlang führt. Auch diese Strecke weist einige Hindernisse auf, die zu Fuss zu überwinden sind, ist aber im Allgemeinen gut befahrbar. Nach kurzer Zeit können wir unsere Räder wieder auf die Asphaltstrasse setzen und werden vom Verkehrslärm umzingelt.
Als wir in Linescio ankommen, wenden wir uns nochmals dem Valle di Campo zu. Einige Augenblicke verstummt alles, ausgenommen der Wind, der uns süsssaure Böen der Stille ins Gesicht bläst.
Alfio Cerini, Tessin auf zwei Rädern, Dadò Editore, Locarno, 2008
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Spezieller Hinweis
Nicht fahrbar sind ungefähr 15 - 25 Minuten auf der Abfahrt (Schiebstellen).
Routenorte
Linescio - Collinasca - Cerentino - Niva - Piano di Campo - Da l'òvi dal Piegn - Da l'òvi di Niva - Linescio
Startpunkt
Linescio, Bushaltestelle «Paese»
Zeit | Länge | Höhenmeter | Gipfel |
2h | 17.8km | 636m | 1187 m.ü.M. |
Tourenmerkmale
hart
schwer
schön