Mountainbike-Tour
Alpe di Trecciura
In Vira Gambarogno, einem alten Uferdorf auf einer kleinen Ebene zu Füssen des Monte Tamaro, wählen wir die Strasse, die hinter der Ortschaft bergwärts führt. Über zahlreiche Kurven gelangen wir nach Monti di Fosano, um dann auf einer weniger steilen Strecke in das Valle di Vira einzudringen. Auf 980 Meter Höhe, bei einer Spitzkehre, zweigt ein schmaler Weg ab und verschwindet in der dichten Vegetation. Nach einer Schiebepassage überqueren wir einige Wildbäche und nähern uns langsam der Alp Trecciura. Nach einer kurzen Pause am wunderschönen See tauchen wir, den weiss-roten Wegweisern folgend, wieder in den Wald. Der erste Teil des Abstiegs ist schwierig: Steine und Wurzeln und eine erneute Schiebepassage. Doch die Bedingungen ändern bald: Der Weg dringt leicht und flüssig durch einen lichten Buchenwald. Nach dem Durchqueren einer Schlucht erwartet uns ein guter Maultierpfad, der hinunter nach Monti di Vira führt. Den Wegweisern nach Piodascia folgend begegnen wir auf der Strecke einigen technischen Spitzfindigkeiten und schon bald gelangen wir über den Sentiero Molina nach Magadino zurück.
Der Tamaro, einst ein schlichter und finsterer Berg, hat in den letzten Jahren einen gründlichen Wandel durchgemacht: Er ist zu einem starken Anziehungspunkt für den Massentourismus geworden. Doch heute noch genügt es, ein wenig von den meistbegangenen Wegen abzuweichen, um sich plötzlich in einer urtümlichen Welt wieder zu finden, in der die Natur unangefochten herrscht. Die Almen und Maiensässe als einzige Zeugen der menschlichen Präsenz sind nur einsame kleine Inseln in der Weite der Wälder.
9. September
Vira Gambarogno ist ein altes Uferdorf auf einer kleinen Ebene zu Füssen des Monte Tamaro, als ob der Berg, bevor er sich in die Tiefen des Lago Maggiore stürzt, zum letzten Mal tief Atem holen wollte. Wir wählen die Strasse, die hinter der Ortschaft bergwärts führt, und bald sind die Geräusche und Gerüche des Sees aufgelöst, vom Wald erstickt. In einer unwirklich anmutenden Stille erklettern wir die zahlreichen Kurven der Asphaltstrasse, die nach Monti di Fosano führt, um dann auf einer weniger steilen Strecke in das Valle di Vira einzudringen.
Auf 980 Meter Höhe, bei einer Spitzkehre, zweigt ein schmaler Weg ab und verschwindet in der dichten Vegetation. Die Karte verspricht eine ebene Strecke, der wir deshalb gerne folgen, doch nach wenigen Metern müssen wir absteigen und das Fahrrad am Rand eines kaum bis in die Tiefe sichtbaren Abgrunds entlang stossen.
Wir überqueren einige Wildbäche, dann klettert der Weg am andern Hang hoch. Als wir uns schon damit abfinden, weiter zu Fuss gehen zu müssen, wird das Gelände befahrbar. Bald erblicken wir ein paar Birken zwischen den Buchen, und Gras auf dem Weg: Untrügliche Zeichen, dass wir uns einer Alp nähern: Trecciura liegt nach einer Kurve plötzlich in unserem Blickfeld und empfängt uns mit ihren ebenen, sonnigen Weiden.
Wir sind verblüfft von der Schönheit dieses kleinen, zwischen den Wäldern versteckten Fleckens. Der See, beherrscht von einer robusten Bergreihe, strömt Myriaden von glitzernden Funken aus, während weiter vorne die Mündung des Flusses Maggia ihren anmutigen grünen Fächer ausbreitet. Die Pflanzenwelt ist üppig, der Herbst scheint nur eine ferne Drohung zu sein. Wir setzen uns auf ein Mäuerchen am westlichen Alpenrand und geniessen lange die bereits tief stehende Sonne, die uns voll ins Gesicht scheint.
Dann tauchen wir, den weiss-roten Wegweisern folgend, wieder in den Wald. Der erste Teil des Abstiegs ist schwierig: Steine und Wurzeln verflechten sich vor unsern Vorderrädern, und auf der linken Seite öffnet sich ein neuer Absturz, so dass wir zu Fuss gehen müssen. Doch die Bedingungen ändern bald: Der Weg dringt leicht und flüssig durch einen lichten Buchenwald. Das mässige Gefälle erlaubt uns eine Abfahrt, ohne weder bremsen noch pedalen zu müssen. Die Unebenheiten des Geländes gleichen wir durch die Verlagerung des Körpergewichts aus. Die Bäume zischen vorbei, die Pneus rumoren auf dem Schotter und wirbeln die wenigen trockenen Blätter auf, die vom vergangenen Winter übrig geblieben sind.
Plötzlich scheint jedoch der Single Track zu verschwinden, wie verschluckt von einer schroffen Halde. Wir bremsen gerade rechtzeitig, um einen scharfen Knick einzuschlagen, der den Absturz umgeht und nach links abfällt. Vor uns entdecken wir ein kleines Tal, getüpfelt mit Farnkraut und hohem Gras: Das erfreuliche landschaftliche Intermezzo begleitet uns einige Minuten.
Weiter unter sehen wir vom Weg aus die Furt eines Wildbachs. Mein Bruder überquert sie als Erster, doch sein Hinterrad verfängt sich zwischen den Felsbrocken und wirft ihn aus dem Sattel. Während er zur Seite weicht, um mich vorbei zu lassen, gibt er mir die bessere Kurvenbahn an, um das Hindernis zu überwinden. Jetzt bin ich als Vorläufer vorne, wenigstens bis zum nächsten Sturz.
Nach der Schlucht erwartet uns ein guter Maultierpfad, doch die hohen Steinmauern, die den Weg tragen, raten zur Vorsicht. Bis wir vor einem Gittertor stehen: Eine weite Weidefläche auf der andern Seite gibt an, dass der lange Querweg durch den Wald vorbei ist und wir endlich in Monti di Vira angekommen sind.
Der Weg schlängelt sich durch das goldfarbene Gras, begleitet von einer wunderschönen Panoramasicht auf die Magadino-Ebene. Eine vom Licht der untergehenden Sonne geküsste Hütte lädt uns zum Verweilen ein, um das Licht und Schattenspiel zu bewundern und den Liebesliedern der Grillen zu lauschen. Wir halten nur einen Augenblick inne, doch es ist ein zeitloser Moment, der ausreicht, einen Teil unserer Seele für immer da oben zurückzulassen.
Andere Hütten flitzen vorbei, dann befinden wir uns wieder im dichten Wald und kämpfen gegen den vorrückenden Abend. An der ersten Abzweigung folgen wir den Wegweisern nach Piodascia. Die Strecke ist nicht mehr so leicht, bietet aber etliche technische Spitzfindigkeiten.
Nach einem ebenen Stück erreichen wir endlich den Asphalt und die ersten Häuser. Die Dämmerung, von den Abendwolken und den tausend Kräuselungen des Sees zurückgeworfen, schenkt uns noch ein wenig Licht, deswegen statt der Strasse zu folgen, wählen wir den Sentiero Molina, der uns direkt durch die Wiesen nach Magadino bringt.
Dann verblasst auch der letzte Dämmerschein in der Höhe, der See und die Berge versinken in der Dunkelheit. Nach dem grossartigen Schauspiel, das uns die Natur geboten hat, geniesst
sie die verdiente Ruhe.
Alfio Cerini, Tessin auf zwei Rädern, Dadò Editore, Locarno, 2008
Ascona-Locarno Tourist Office
Infodesk Gambarogno
Via Cantonale 29
CH - 6574 Vira Gambarogno
Tel.: +41 (0)91 795 18 66
Fax: +41 (0)91 795 33 40
gambarogno@ascona-locarno.com
www.ascona-locarno.com
Der Tamaro, einst ein schlichter und finsterer Berg, hat in den letzten Jahren einen gründlichen Wandel durchgemacht: Er ist zu einem starken Anziehungspunkt für den Massentourismus geworden. Doch heute noch genügt es, ein wenig von den meistbegangenen Wegen abzuweichen, um sich plötzlich in einer urtümlichen Welt wieder zu finden, in der die Natur unangefochten herrscht. Die Almen und Maiensässe als einzige Zeugen der menschlichen Präsenz sind nur einsame kleine Inseln in der Weite der Wälder.
9. September
Vira Gambarogno ist ein altes Uferdorf auf einer kleinen Ebene zu Füssen des Monte Tamaro, als ob der Berg, bevor er sich in die Tiefen des Lago Maggiore stürzt, zum letzten Mal tief Atem holen wollte. Wir wählen die Strasse, die hinter der Ortschaft bergwärts führt, und bald sind die Geräusche und Gerüche des Sees aufgelöst, vom Wald erstickt. In einer unwirklich anmutenden Stille erklettern wir die zahlreichen Kurven der Asphaltstrasse, die nach Monti di Fosano führt, um dann auf einer weniger steilen Strecke in das Valle di Vira einzudringen.
Auf 980 Meter Höhe, bei einer Spitzkehre, zweigt ein schmaler Weg ab und verschwindet in der dichten Vegetation. Die Karte verspricht eine ebene Strecke, der wir deshalb gerne folgen, doch nach wenigen Metern müssen wir absteigen und das Fahrrad am Rand eines kaum bis in die Tiefe sichtbaren Abgrunds entlang stossen.
Wir überqueren einige Wildbäche, dann klettert der Weg am andern Hang hoch. Als wir uns schon damit abfinden, weiter zu Fuss gehen zu müssen, wird das Gelände befahrbar. Bald erblicken wir ein paar Birken zwischen den Buchen, und Gras auf dem Weg: Untrügliche Zeichen, dass wir uns einer Alp nähern: Trecciura liegt nach einer Kurve plötzlich in unserem Blickfeld und empfängt uns mit ihren ebenen, sonnigen Weiden.
Wir sind verblüfft von der Schönheit dieses kleinen, zwischen den Wäldern versteckten Fleckens. Der See, beherrscht von einer robusten Bergreihe, strömt Myriaden von glitzernden Funken aus, während weiter vorne die Mündung des Flusses Maggia ihren anmutigen grünen Fächer ausbreitet. Die Pflanzenwelt ist üppig, der Herbst scheint nur eine ferne Drohung zu sein. Wir setzen uns auf ein Mäuerchen am westlichen Alpenrand und geniessen lange die bereits tief stehende Sonne, die uns voll ins Gesicht scheint.
Dann tauchen wir, den weiss-roten Wegweisern folgend, wieder in den Wald. Der erste Teil des Abstiegs ist schwierig: Steine und Wurzeln verflechten sich vor unsern Vorderrädern, und auf der linken Seite öffnet sich ein neuer Absturz, so dass wir zu Fuss gehen müssen. Doch die Bedingungen ändern bald: Der Weg dringt leicht und flüssig durch einen lichten Buchenwald. Das mässige Gefälle erlaubt uns eine Abfahrt, ohne weder bremsen noch pedalen zu müssen. Die Unebenheiten des Geländes gleichen wir durch die Verlagerung des Körpergewichts aus. Die Bäume zischen vorbei, die Pneus rumoren auf dem Schotter und wirbeln die wenigen trockenen Blätter auf, die vom vergangenen Winter übrig geblieben sind.
Plötzlich scheint jedoch der Single Track zu verschwinden, wie verschluckt von einer schroffen Halde. Wir bremsen gerade rechtzeitig, um einen scharfen Knick einzuschlagen, der den Absturz umgeht und nach links abfällt. Vor uns entdecken wir ein kleines Tal, getüpfelt mit Farnkraut und hohem Gras: Das erfreuliche landschaftliche Intermezzo begleitet uns einige Minuten.
Weiter unter sehen wir vom Weg aus die Furt eines Wildbachs. Mein Bruder überquert sie als Erster, doch sein Hinterrad verfängt sich zwischen den Felsbrocken und wirft ihn aus dem Sattel. Während er zur Seite weicht, um mich vorbei zu lassen, gibt er mir die bessere Kurvenbahn an, um das Hindernis zu überwinden. Jetzt bin ich als Vorläufer vorne, wenigstens bis zum nächsten Sturz.
Nach der Schlucht erwartet uns ein guter Maultierpfad, doch die hohen Steinmauern, die den Weg tragen, raten zur Vorsicht. Bis wir vor einem Gittertor stehen: Eine weite Weidefläche auf der andern Seite gibt an, dass der lange Querweg durch den Wald vorbei ist und wir endlich in Monti di Vira angekommen sind.
Der Weg schlängelt sich durch das goldfarbene Gras, begleitet von einer wunderschönen Panoramasicht auf die Magadino-Ebene. Eine vom Licht der untergehenden Sonne geküsste Hütte lädt uns zum Verweilen ein, um das Licht und Schattenspiel zu bewundern und den Liebesliedern der Grillen zu lauschen. Wir halten nur einen Augenblick inne, doch es ist ein zeitloser Moment, der ausreicht, einen Teil unserer Seele für immer da oben zurückzulassen.
Andere Hütten flitzen vorbei, dann befinden wir uns wieder im dichten Wald und kämpfen gegen den vorrückenden Abend. An der ersten Abzweigung folgen wir den Wegweisern nach Piodascia. Die Strecke ist nicht mehr so leicht, bietet aber etliche technische Spitzfindigkeiten.
Nach einem ebenen Stück erreichen wir endlich den Asphalt und die ersten Häuser. Die Dämmerung, von den Abendwolken und den tausend Kräuselungen des Sees zurückgeworfen, schenkt uns noch ein wenig Licht, deswegen statt der Strasse zu folgen, wählen wir den Sentiero Molina, der uns direkt durch die Wiesen nach Magadino bringt.
Dann verblasst auch der letzte Dämmerschein in der Höhe, der See und die Berge versinken in der Dunkelheit. Nach dem grossartigen Schauspiel, das uns die Natur geboten hat, geniesst
sie die verdiente Ruhe.
Alfio Cerini, Tessin auf zwei Rädern, Dadò Editore, Locarno, 2008
Ascona-Locarno Tourist Office
Infodesk Gambarogno
Via Cantonale 29
CH - 6574 Vira Gambarogno
Tel.: +41 (0)91 795 18 66
Fax: +41 (0)91 795 33 40
gambarogno@ascona-locarno.com
www.ascona-locarno.com
Spezieller Hinweis
Nicht fahrbar sind 10 - 20 Minuten (nach Verlassen der Teerstrasse und der Alpe di Trecciura - 120 Höhenmeter).
Routenorte
Magadino - Fosano - Monti di Fosano - Alpe di Trecciura - Monti di Vira - Magadino
Startpunkt
Magadino, Bushaltestation «Posta»
Varianten
Variante A: Einmal pro Tag - am Morgen - fährt von Fosano Richtung Alpe di Neggia ein Postauto (fährt auch am Wochenende). Dieses kann eine beschränkte Anzahl Bikes transportieren. Man erspart sich so den eher langweiligen Aufstieg und 620 Höhenmeter. In der Kurve auf Höhe 981 m.ü.M. befindet sich eine offizielle Haltestelle.
Zeit | Länge | Höhenmeter | Gipfel |
3.5h | 17.8km | 988m | 1160 m.ü.M. |
Tourenmerkmale
hart
schwer
schön